Durch Kolonisation und transatlantischen Menschenhandel verbreiteten sich von Westafrika aus die Religion und deren Bildobjekte global. Religiöse Vorstellungen, Götter oder ‚Spirits‘, Objekte und performative Praktiken wurden an jeweils lokale Kontexte teils im Widerstand gegen Machtverhältnisse adaptiert und weiterentwickelt. Bis heute bildet Vodun eine Grundlage der Verhandlung von Identitäten in westafrikanischen und afrodiasporischen Kontexten. Frühe westliche Ethnologen und bildliche Darstellungen haben Vodun oft exotisiert. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts suchten die Filmemacherin Maya Deren, die Fotografin Leonore Mau und der Schriftsteller Hubert Fichte mittels Filmen, Fotografien und Texten ein vertieftes Verständnis von Vodun zwischen Kunst und Ethnologie, um diesen Exotismus zu überwinden. In Westafrika, in Haïti und vielen diasporischen Kontexten erlebt Vodun gegenwärtig eine neue Öffentlichkeit und kritische Auseinandersetzung, wird in digitalen Räumen edukativ eingesetzt und in künstlerischen Positionen rückangeeignet (re-appropriation). Angesichts der Notwendigkeit globale Perspektiven der Kunstgeschichte pluralistisch und im Dialog zu entwickeln, erprobt das interdisziplinäre Projekt anhand der Praktiken und Objekte der Vodun auch neue methodische Ansätze in Auseinandersetzung mit ethnologischen und künstlerischen Zugängen. Wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Kontext Über die verschiedenen Zugänge zum Vodun steht die Methodenreflexion zwischen künstlerischer Forschung, Kunstgeschichte und Ethnologie im Zentrum des Projekts. Die Erprobung einer performativen Kunstgeschichte aus unterschiedlichen geografischen Blickwinkeln leistet insofern einen Beitrag zu einem transkulturellen Umbruch in den Geisteswissenschaften. Im Sinne der Pluralisierung von Überlieferungspraktiken und der Vermittlung von Wissen setzt es dafür ebenso bei historischen wie bei aktuellen Positionen an.
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