Obwohl wir den Schmerz im Alltag vor allem als eine unangenehme Empfindung wahrnehmen, erfüllt er eine äusserst wichtige Funktion, in dem er uns vor drohenden Verletzungen warnt. In bestimmten Situationen, etwa bei schweren Unfällen, können uns starke Schmerzen aber auch daran hindern, uns rechtzeitig aus einer Gefahrensituation zu retten. Die Evolution hat daher ein System geschaffen, das akute Schmerzen für eine gewisse Zeit sehr wirksam unterdrücken kann. Diese Schmerzunterdrückung kommt zum grossen Teil durch Nervenfaserbahnen zustande, die vom Gehirn ins Rückenmark absteigen und dort schmerzlindernde Botenstoffe freisetzen. Der genaue Ursprung dieser Bahnen, ihre Verschaltungen im Rückenmark und die Identität der freigesetzten Botenstoffe sind jedoch nur ungenau bekannt. In unserem bisherigen Arbeiten am Mäusen konnten wir eine Nervenzellpopulation im Rückenmark identifizieren, die eine Schlüsselrolle in der Stress-vermittelten Schmerzunterdrückung spielt. Ausgehend von dieser Entdeckung werden wir verschiedene Virus-basierte Methoden verwenden, um die Verschaltungen zwischen den Nervenzellen anatomisch verfolgen zu können. Moderne optische und chemische Verfahren sollen verwendet werden, um die Aktivität bestimmter Nervenzellen und Nervenzellbahnen im Gehirn und Rückenmark von Mäusen zu kontrollieren und um so deren Einfluss auf die Schmerzwahrnehmung zu bestimmen. Wir erhoffen uns von diesen Untersuchungen nicht nur ein besseres Verständnis der Stress-vermittelten Schmerzunterdrückung, sondern im Idealfall auch Einblicke, wie dieses System bei Menschen mit chronischen Schmerzen gezielt aktiviert werden könnte, um ihnen Linderung zu verschaffen.
|