Inhalt und Ziel des Forschungsprojekts Ein Schweizer Zentrum im Feld der vorgeburtlichen Medizin bietet die fetomaternale Operation bei Spina bifida, einer Neuralrohrfehlbildung, seit 2010 als „novel standard of care“ an. Das Verfahren geht mit einer Öffnung der Bauchdecke und der Gebärmutter einher. Feldbeobachtungen zeigen, dass diese neue Standardbehandlung ein komplexes, interdisziplinäres Zusammenspiel erfordert: das „System of Care“, wie es der Leiter des Zentrums nennt. Gefragt wird, wie dieses System funktioniert, was Standard hier bedeutet, welche Positionen und überhaupt welche Akteure darin auszumachen sind und inwieweit der Standardisierungsprozess über den medizinischen Bereich hinausweist. Eine besondere Berücksichtigung verdienen dabei die Erfahrungen der Schwangeren. Wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Kontext Standards sind weder neutral noch unpolitisch, sondern sie tragen Werte und führen zu Verpflichtungen. Die ethnografisch angelegte Dissertation beabsichtigt, diese wenig beachtete politische Dimension zu betonen. Konkret bedeutet dies, dass Konsequenzen, Verpflichtungen, Werte und die situationsabhängige Bedeutung von Standards sichtbar gemacht werden. Diese Reflexionsebene wird mittels der Co-Präsenz im Feld der pränatalen Chirurgie am besagten Zentrum ermöglicht. Für den theoretisch-analytischen Hintergrund werden der „Eologies of Knowledge“-Ansatz und der „soziale Welten/Arena“-Ansatz berücksichtigt.
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