Organisches Material in Seen löst sich aus zahllosen Punktquellen, wie z.B. absterbenden Algenzellen, und wird anschliessend durch Diffusion und Turbulenzen im Wasser verteilt. Daraus ergibt sich ein Gefüge an Konzentrationsgradienten, in denen Mikroorganismen sich orientieren müssen, um erfolgreich zu wachsen. Das Projekt untersucht mögliche mikrobielle Wachstums-Strategien, um in einer komplexes "Landschaft" aus unterschiedlich hohen Nährstoffkonzentrationen im Seewasser zu existieren.
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Die Wassersäule von Seen erscheint auf den ersten Blick als ein weitgehend unstrukturierter Lebensraum, in dem das gelöste organische Material gleichförmig verteilt ist. In Wirklichkeit stammen jedoch viele der kleinen organischen Moleküle, welche die Nahrungsgrundlage vieler Bakterien bilden, aus punktförmigen Quellen wie absterbende Algenzellen oder anderem partikuläres Material, welches von Mikroorganismen besiedelt wird. Ein Teil der so gelösten organischen Verbindungen wird dabei freigesetzt und durch Turbulenzen in der Wassersäule verteilt. Planktische Bakterien existieren daher in einem Lebensraum von Konzentrationsgradienten. Manche Mikroorganismen können diese nützen, um sich zu orientieren, und durch aktive Beweglichkeit (Geissel) zur Quelle eines bestimmten Substrates zu gelangen. Für diese Bakterien sollte eine erhöhte Substratkonzentration also dazu dienen, Vorhersagen über zukünftige (bessere) Wachstumsbedingungen zu treffen. Erwartungsgemäss sollten sie mit einer umfassenden metabolischen Regulation auf solche Bedingungen reagieren. Andere Bakterien hingegen besitzen keinen Fortbewegungsapparat, und können daher auch keine Substratquellen ansteuern. Dennoch ist zu erwarten, dass sie Anpassungen haben, um die gegebenen Konzentrationsunterschiede optimal auszunützen. Beispielsweise könnten sie die nötige Kapazität für kurzfristig höheren Substrattransport in die Zelle permanent zur Verfügung zu stellen, sodass keine Genregulation erforderlich wäre. Im ersten Schritt des geplanten Projekts wollen wir die -theoretisch plausible, empirisch weitgehend unbewiesene- räumliche Unterschiedlichkeit des Substratfeldes in einem See am Beispiel der Aminosäuren untersuchen, und zwar auf Skalen von Zentimeter bis Kilometern. Aufgrund dieser Information werden wir anschliessend Experimente mit Substratanreicherungen durchführen, um die Reaktion verschiedener mikrobieller Lebensformtypen mit der erwarteten Vorhersage unseres Modells zu vergleichen.
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