Alle unsere Gedanken und Handlungen sind das Ergebnis der kollektiven Aktivität unzähliger Nervenzellen, die ihre Funktionen nicht eigenständig ausführen, sondern als Teil von komplexen, das ganze Hirn umspannenden Netzwerken. Mit Hilfe neuer experimenteller Verfahren werden wir in nicht-humanen Primaten die Aktivität dieser kaum erforschten Netzwerke direkt messen und dabei Einsichten in Hirnfunktionen erhalten, die in der Vergangenheit unerreichbar waren. Ziel dieses Forschungsprojektes ist es, normale und beeinträchtigte Funktionen des präfrontalen Cortex (PFC) in Primaten zu verstehen. Der PFC ist für unsere höheren kognitiven Fähigkeiten, wie Entscheidungsfindung, zielgerichtetes Verhalten und Aufmerksamkeit, verantwortlich. Evolutionsgeschichtlich ist der PFC eines der jüngsten Teile des Gehirns, weshalb viele Areale des PFC nur bei Primaten existieren. Störungen in diesem Hirnbereich spielen eine zentrale Rolle in der Symptomatik von weit verbreiteten psychischen Erkrankungen, die oft nicht oder nur unzureichend behandelt werden können, wie Depressionen, Angst- und Suchterkrankungen und Schizophrenie. Während Affen verschiedene kognitive Aufgaben lösen, werden wir mit neuen experimentellen Methoden einerseits die simultane Aktivität von hunderten von Neuronen im PFC messen und andererseits diese neuronale Aktivität gezielt beeinflussen, um kurzzeitige und vollständig reversible kognitive Defizite auszulösen. Da beim Menschen die Hirnaktivität nicht mit der notwendigen räumlichen und zeitlichen Auflösung gemessen oder beeinflusst werden kann, sind solche Experimente mit Affen die einzige Möglichkeit, die der höheren Hirnfunktionen zugrundeliegende Aktivität zu beobachten und zu verstehen. Diese Versuche werden neue Erkenntnisse über die normalen und gestörten Funktionen des präfrontalen Cortex liefern und damit die Grundlagen zur Entwicklung von besseren Therapien für psychische Krankheiten schaffen.
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