Im vierjährigen Indonesischen Unabhängigkeitskrieg verübten beide Kriegsparteien – niederländische Truppen und Hilfstruppen einerseits und Indonesische Truppen und verschiedenste Milizen andererseits – zahlreiche extreme Gewaltakte wie Mord, Folter und Brandstiftung. Das Projekt untersucht primär Ursachen, Ausmass, Opposition, Bestrafung und Limitierung der niederländischen Massengewalt. Die Ursachen dieser extremen Gewalt sind komplex, multikausal und primär bei den tief verwurzelten Problemen der niederländischen Armee zu suchen, etwa bei der mangelhaften Disziplin, Moral und Ausbildung sowie beim akuten Personalmangel. Die chronische Personalnot führte in Kombination mit zu ambitionierten Zielsetzungen der Armeeführung und der massiven Unterschätzung des Kriegsgegners dazu, dass niederländische Militärs viel zu grosse, dichtbevölkerte und für die Guerillakriegsführung sehr geeignete Gebiete kontrollieren mussten. Normale militärische Mittel wie intensive Patrouillengänge und zahlreiche Militäraktionen mündeten im Guerillakrieg gegen entschlossene, unsichtbare und ungreifbare indonesische Aufständische höchstens in vereinzelte oberflächliche Erfolge. Für die erschöpften und frustrierten Niederländischen Militärs war der Griff nach extremen Mitteln wie Gefangenenmorde oder Kollektivstrafen gegen die vermeintlich unkooperative Bevölkerung deshalb klein und verlockend. Das Ausmass der extremen Gewalt war erheblich, ist aufgrund von Verhüllung und gefärbten militärischen Rapporten jedoch nicht exakt messbar. Auf Basis von militärjuristischen Quellen, Berichten der Zivilverwaltung und Darstellungen seitens von Militärs verfassten Tagebüchern, Memoiren und Briefen steht aber fest, dass diese Gewaltakte keinesfalls Einzelfälle waren, wie die niederländische Regierung nach einer offiziellen Untersuchung im Jahre 1969 behauptete. Stattdessen muss von struktureller Massengewalt die Rede sein. Gezielte armeeinterne Opposition gegen extreme Gewalt besass Seltenheitswert, auch weil die Hürden für potenzielle Whistleblower sehr hoch lagen. Die zu Beschönigungen und Bagatellisierungen greifenden niederländischen Autoritäten, für die Enthüllungen über extreme Gewaltakte peinlich und politisch höchst unwillkommen waren, zeigten wenig Interesse an ihrer Darstellung, Untersuchung, Bestrafung und Limitierung.
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