Ziele Was immer uns in unserem kommunikativen Alltag als ein lesbares Etwas erscheinen mag – ein Buch, ein Zeitungsartikel, ein Brief, eine Aufschrift, eine Internetseite, ein Graffiti auf einer Häuserwand –, steht nicht von vornherein fest, sondern ist in seiner vermeintlichen Natürlichkeit durch und durch gemacht. Beim Lesen nehmen wir ein solches Geschriebenes wie selbstverständlich als eine natürliche Lektüreeinheit und in diesem Sinn als Text wahr. Dies ist die Leistung der Textualitätshinweise. Die Rekonstruktion dieser Textualitätshinweise und ihre Systematisierung war das Hauptziel des Projekts, das im Herbst 2011 abgeschlossen wurde und an welches dieses aktuelle Projekt anschliesst. Es ist seine schriftsprachliche Natur, aufgrund derer uns der Text dazu anleitet, die Spur nach Textualitätshinweisen aufzunehmen und diese während des Lesens auszuwerten und dabei wie selbstverständlich so etwas wie einen „Text“ zu erzeugen. Aber ein Text ist zwangsläufig mehr als nur Sprache: Um lesbar zu werden, muss Sprache in Texten in irgendeiner Weise Gestalt annehmen, sie muss als Schrift sinnlich wahrnehmbar werden. Und sie muss dem Leser, um lesbar zu werden, als konkrete Einzelsprache vertraut sein. Ebenfalls vertraut muss uns bei vielen Texten die konkrete Art und Weise seines wahrnehmbaren Aussehens sein: Ein Brief, ein Graffiti, ein Zugbillet – alle diese Texte sind als solche bereits erkennbar, auch wenn man noch kein einziges Wort gelesen hat. Wir können in diesem Sinne davon ausgehen, dass neben Sprachlichkeit auch Wahrnehmbarkeit und Vertrautheit wichtige grundlegende Ressourcen – wir nennen sie Textualitätsquellen – sind, aus denen wir beim Lesen schöpfen können, wenn wir Textualitätshinweisen folgen. Das (Folge-)Projekt setzt sich zum Ziel, die detailreichen Verschränkungen zwischen den drei Textualiätsquellen und den verschiedenen Textualitätshinweisen herauszuarbeiten, um so einerseits die Unterschiede und Parallelen zu bisherigen textlinguistischen Modellen aufzeigen zu können und andererseits die Wichtigkeit nicht-sprachlicher Faktoren bei der Lektüre eines jeglichen Textes genauer zu beleuchten. Daneben werden wir der Frage nachgehen, ob Textualität im Hinblick auf Lesbarkeit verallgemeinert werden kann: ob die Textualitätshinweise nicht immer auch Lesbarkeitshinweise sind, mithilfe derer die schriftbasierte Kommunikation zustandekommt. Kontext und Bedeutung Die wissenschaftliche Bedeutung des Projekts liegt in der empirischen und methodolgischen Neubelebung des für die Textlinguistik zentralen Konzeptes der Textualität. Während die bisher geleistete und im Herbst 2011 abgeschlossene Arbeit an der Systematisierung der Textualitätshinweise auch einen wesentlichen Beitrag zur Lehr- und Lernbarkeit textlinguistischer Analyse bedeutete, zielt die aktuelle Beschreibung der Textualitätsquellen und ihrer Verschränkung zu den Textualitätshinweisen in erster Linie auf die theoretische Verortung und Verankerung im textlinguistischen Forschungskontext. Textualität soll als Lesbarkeit profiliert werden. Wissenschaftlicher Rahmen und Methodologie Den wissenschaftlichen Rahmen des Vorhabens liefert die Textlinguistik, für die das Nachdenken über Texthaftigkeit/Textualität von Anbeginn im Zentrum steht. Das neue integrative Konzept stellt die Eruierung von Textualitätshinweisen in den Mittelpunkt der textlinguistischen Arbeit und soll einen wichtigen Beitrag zur Neubestimmung eines auf Textualitätskriterien beruhenden Text-Begriffes leisten.
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