Project
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Formation und Pluralisierung nationalstaatlicher Kunstförderung in der Schweiz seit 1950: Wandel von Zugangsbedingungen, Märkten und symbolischer Wertproduktion
English title |
Formation and pluralisation of the funding of art by the Swiss nation state since 1950: transition of entry-requirements, markets and symbolic value-production |
Applicant |
Tanner Jakob
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Number |
132108 |
Funding scheme |
Project funding (Div. I-III)
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Research institution |
Forschungsstelle für schweizerische Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Universität Zürich
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Institution of higher education |
University of Zurich - ZH |
Main discipline |
Swiss history |
Start/End |
01.10.2010 - 30.04.2014 |
Approved amount |
344'309.00 |
Show all
All Disciplines (2)
Visual arts and Art history |
Keywords (6)
Cultural policy; Art funding; Art market; Nation state; Switzerland; Economics of Art
Lay Summary (German)
Lead
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Lay summary
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Die Schweizer Kulturpolitik der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist geprägt durch einen in den 1950er Jahren einsetzenden Pluralisierungsprozess, der das Spannungsfeld von Kunst und Nation wesentlich beeinflusst hat. Das Projekt fragt nach den Zugangsbedingungen zu Förderinstitutionen und nach dem Einfluss der Kunstmärkte auf die symbolische Wertproduktion.Im Zuge einer zunehmenden Vernetzung überstaatlicher Gemeinschaften sowohl im Bereich des Kulturellen als auch des Ökonomischen werden die Fragen nach dem Eigenen, nach vermeintlich gefestigten Identitäten stetig neu formuliert. Gerade für die nationalstaatliche Kunstförderung und die daran gekoppelte kulturelle Reputation erweisen sich die Suche nach einer 'Schweizer Kunst' und die damit einhergehende nationale Selbstthematisierung als zentral. Förderungskriterien und -strategien für Kunst und Künstler werden sowohl durch staatliche als auch nicht-staatliche Akteure stets neu ausgehandelt. Damit verschieben sich Deutungshoheiten. In den 1950er Jahren ereignete sich in künstlerischer Hinsicht ein Bruch mit der Geistigen Landesverteidigung. Insbesondere die 1960er Jahre zeugen - durch das Auftreten neuer, nicht-staatlicher Akteure oder durch eine verstärkte finanzielle Kunstförderung - von der Auflockerung der kulturpolitischen Strukturen. Die Übersichtlichkeit der schweizerischen Kunstproduktion in ihrer Formationsphase wich einer Fragmentierung, welche die Förderpolitik herausforderte.Das Projekt zeichnet diese Vorgänge in ihrer historischen Veränderung seit den 1950er Jahren nach. Nebst der historischen Quellenkritik wird die Netzwerkanalyse eingesetzt, ausserdem findet eine Befragung zentraler Akteure im Rahmen einer Oral History statt. Das Vorhaben basiert auf (kunst-)historischen und kultursoziologischen Ansätzen, die mit Blick auf ökonomische Theorien kritisch evaluiert werden.Bis anhin wurden Zusammenspiel von Marktprozessen und symbolischer Wertproduktion im Schweizer Kunstbetrieb von der Forschung kaum behandelt. Durch die Frage nach den Akteursgruppen und Aushandlungsprozessen in diesem Bereich verspricht das Projekt Aufschluss darüber zu geben, wie in der Schweiz Kunst produziert, bewertet, gefördert, gehandelt und im nationalen Rahmen sowie in transnationalen Zusammenhängen symbolisch valorisiert wurde. In politisch-gesellschaftlicher Hinsicht ermöglicht es die Vermittlung von Einsichten, die für die gegenwärtigen oft schwierig zu überblickenden Suchbewegungen im Bereich der Kunst- und Kulturförderung von Interesse sein können.
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Responsible applicant and co-applicants
Employees
Publications
Regula Krähenbühl, Beat Wyss (2013), Die Biennale Venedig – Königsdisziplin der bundesstaatlichen Kunstförderung? Kunstpolitische Entscheidungen der Schweiz seit den 1980er Jahren, Scheidegger & Spiess, Zürich, 241-264.
Collaboration
Pro Helvetia |
Switzerland (Europe) |
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- in-depth/constructive exchanges on approaches, methods or results - Industry/business/other use-inspired collaboration |
Migros Museum für Gegenwartskunst, Zürich |
Switzerland (Europe) |
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- Industry/business/other use-inspired collaboration |
Akademie der bildenden Künste, Wien |
Austria (Europe) |
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- in-depth/constructive exchanges on approaches, methods or results |
Universität für Musik und darstellende Kunst, Wien |
Austria (Europe) |
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- in-depth/constructive exchanges on approaches, methods or results |
Institut für Gegenwartskunst (Ifcar), Zürcher Hochschule der Künste |
Switzerland (Europe) |
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- in-depth/constructive exchanges on approaches, methods or results - Exchange of personnel |
Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft SIK-ISEA, Zürich |
Switzerland (Europe) |
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- in-depth/constructive exchanges on approaches, methods or results - Publication - Research Infrastructure |
Leuphana Universität Lüneburg |
Germany (Europe) |
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- in-depth/constructive exchanges on approaches, methods or results |
Zeppelin University, Friedrichshafen |
Germany (Europe) |
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- in-depth/constructive exchanges on approaches, methods or results |
Bundesamt für Kultur (BAK) |
Switzerland (Europe) |
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- in-depth/constructive exchanges on approaches, methods or results - Research Infrastructure - Industry/business/other use-inspired collaboration |
Hochschule Luzern, Design & Kunst |
Switzerland (Europe) |
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- in-depth/constructive exchanges on approaches, methods or results - Exchange of personnel |
Scientific events
Active participation
Title |
Type of contribution |
Title of article or contribution |
Date |
Place |
Persons involved |
Graduiertenkolleg, Pro*Doc Art&Science, Workshop mit Prof. Dr. Regula Burri, HafenCity Universität Hamburg. Universität Lausanne.
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Talk given at a conference
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"Die Kunstförderung im künstlerischen Feld. Möglichkeiten einer kunstsoziologischen Annäherung
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12.03.2012
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Universität Lausann, Switzerland
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Dal Molin Gioia;
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DoktorandInnentagung Forschungsstelle für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Universität Zürich
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Talk given at a conference
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"Formation und Pluralisierung staatlicher und nicht-staatlicher Kunstförderung in der Schweiz zwischen 1950 und 1980. Wandel von Zugangsbedingungen, Begründungsstrategien und symbolischer Wertproduktion."
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25.11.2011
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Forschungsstelle für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Universität Zürich, Switzerland
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Dal Molin Gioia;
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XIV. Schweizer Nachwuchskolloquium für Kunstgeschichte, Universität Neuchâtel
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Talk given at a conference
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"Formation und Pluralisierung staatlicher und nicht-staatlicher Kunstförderung in der Schweiz der 1970er Jahre. Wandel von Zugangsbedingungen, Begründungsstrategien und symbolischer Wertproduktion."
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04.11.2011
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Universität Neuchâtel, Switzerland
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Dal Molin Gioia;
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Pro*Doc Art & Science. FM4 Zürich (2011–2014). Architektur und Wissenschaft seit den 1960er Jahren
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Individual talk
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Formation und Pluralisierung staatlicher und nicht-staatlicher Kunstförderung in der Schweiz seit 1980
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31.10.2011
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ETH Zürich, Switzerland
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Keller Patrizia;
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Self-organised
Zwischen verwalteter Freiheit und neoliberaler Selbstorganisation. Kulturpolitik und künstlerische Praxis im Wandel
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07.03.2013
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Zürich, Switzerland
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Knowledge transfer events
Active participation
Title |
Type of contribution |
Date |
Place |
Persons involved |
Workshop und Podium "Kristallisationsorte der Schweizer Kunst der 1970er Jahre: Aarau–Genf–Luzern
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16.05.2012
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Kunstmuseum Luzern, Switzerland
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Keller Patrizia;
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Podiumsdiskussion "Wie viel Förderung braucht die Kunst?" Mit Marianne Burki (Pro Helvetia), Oliver Godow (Künstler), Andreas Karcher (Fachstelle Kunst, Nationale Suisse), San Keller (Künstler), Edith Krebs (Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft)
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16.03.2011
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Zürich , Switzerland
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Dal Molin Gioia;
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Communication with the public
Communication |
Title |
Media |
Place |
Year |
Media relations: print media, online media
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"Eine Nation lebt ja nicht nur von Autobahnen und Kampfflugzeugen." Die Kunstförderung in der Schwei
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Schweizer Kunst
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German-speaking Switzerland Italian-speaking Switzerland Western Switzerland Rhaeto-Romanic Switzerland
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2011
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Associated projects
Number |
Title |
Start |
Funding scheme |
178682
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"Von der schwierigen Kunst, Kunst, zu fördern." Staatliches und nicht-staatliches Engagement für die bildende Kunst in der Schweiz zwischen 1950 und 1980 |
01.03.2018 |
Publication grants |
113389
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Les relations culturelles internationales de la Suisse (1945-1990) |
01.10.2006 |
Project funding (Div. I-III) |
Abstract
Die Schweizer Kulturpolitik der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist geprägt durch einen in den 1950er Jahren einsetzenden Pluralisierungsprozess, der das Spannungsfeld von Kunst und Nation massgeblich beeinflusst. Im Zuge einer Vernetzung der supranationalen Gemeinschaften sowohl im Bereich des Kulturellen als auch des Ökonomischen werden die Fragen nach dem Eigenen, nach dem Gewordensein von vermeintlich gefestigten Identitäten stetig neu formuliert. Bezüglich einer nationalstaatlichen Kunstförderung und der daran gekoppelten kulturellen Reputation erweisen sich die Suche nach einer 'Schweizer Kunst' und die damit einhergehende nationale Selbstthematisierung als zentral. Förderungskriterien und -strategien für Kunst und Künstler werden durch staatliche und nicht-staatliche Akteure stets neu ausgehandelt. Damit verschieben sich die Deutungshoheiten und es verändern sich die Bedingungen für die symbolische Wertproduktion. Die dadurch ausgelösten Kontroversen um die Definition einer nationalen Kultur und um die internationalen Geltungskriterien von Kunst werden in diesem Projekt im Zeitraum 1950 bis zur Gegenwart untersucht.Das Projekt fokussiert auf den Bereich der bildenden Kunst, die eine bis ins späte 19. Jahrhundert zurückreichende Förderungstradition aufweist. In den 1950er Jahren ereignete sich in künstlerischer Hinsicht ein Bruch mit der Geistigen Landesverteidigung, die vorher die gegenständliche Kunst stark prägte. Die in den 1930er und 1940er Jahren staatlich geförderten Künstler gerieten zunehmend in Verruf und gegenüber Vertretern des Surrealismus und der geometrischen Abstraktion ins Hintertreffen. Durch die Bildung von Künstlergruppen versuchten sie, der Marginalisierung entgegenzuwirken und sich neu zu orientieren. Die sogenannte 'Gute Form' verkörperte nun die im In- und Ausland offiziell anerkannte Schweizer Avantgarde, die an der Landesausstellung 1964 ihren Triumph feierte. Die 1960er Jahre zeugen in dreifacher Hinsicht von der Auflockerung der kulturpolitischen Strukturen: Erstens mischten sich vermehrt neue, nicht-staatliche Akteure (private Käufer, Stiftungen, Galerien etc.) in die Aushandlungsprozesse um anerkannte Kunst ein. Zweitens weiteten sich durch städtische und kantonale Preise, durch die Anschaffungspolitik von öffentlichen Museen und privaten Stiftungen die Finanzierungsgrundlagen für Kunstförderung aus. Dieser Wandel schlug sich in den Bedingungen der Kunstproduktion und in deren Wahrnehmung nieder. Drittens initiierte der beschleunigte sozio-kulturelle Wandel eine Pluralisierung von ästhetischen Positionen. Die Übersichtlichkeit, die die schweizerische Kunstproduktion in ihrer Formationsphase charakterisierte, wich einer Fragmentierung, die die Förderpolitik herausforderte. Die oft widersprüchlichen Bewertungsvorgänge im Kunstbereich lösten sich paradoxerweise in jenem Moment von der staatlichen Förderpolitik, als jene zunehmend besser ausgestattet und professionalisiert wurde. Der gewählte Untersuchungszeitraum ermöglicht es, Fragen nach den Zugangsbedingungen zu Förderinstitutionen und dem Einfluss der Kunstmärkte zu stellen und diese interdependenten Vorgänge in ihrer Veränderung nachzuzeichnen. Dabei zeigt sich, dass die Schweizer Kunst zwar wichtig war für die kulturelle Repräsentation und die transnationale Kommunikation des 'bedrohten Kleinstaates', dass sich aber die Dynamik der symbolischen Wertproduktion gerade nicht aus einem nationalen Kontext heraus erklären lässt. Vom medialen Kunstdiskurs über die Preisbildung auf Märkten für Kunstwerke bis hin zu Aushandlungsprozessen von politischen Opportunitäten sind globale Bezüge auszumachen.Das Projekt konkretisiert diese Problematik in zwei interdependenten Teilen:Das erste Teilprojekt untersucht die Produktion symbolischer Werte im Schweizer Kunstbetrieb des 20. Jahrhunderts mit Fokus auf die Zeit zwischen den 1950er und den 1980er Jahren. Anhand des unter dem Eindruck der Zürcher Ereignisse um 1968 agierenden Galeriekollektiv Produga soll ein exemplarischer nicht-staatlicher Akteur und dessen spezifische Valorisierung von Kunst untersucht werden. Aufgrund des reichhaltigen Quellenmaterials lassen sich die Aushandlung eines Selbstverständnisses und einer Produktionsweise von Kunst ebenso beleuchten, wie die Marktpreisbildung auf einzelnen Segmenten des expandierenden Kunstmarktes. Dieser ökonomische Aspekt wird bezogen auf ästhetische Präferenzen, die bei staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren zu finden sind. Die Positionierungen der genannten Akteure innerhalb der Kunstwelt geben Aufschluss darüber, ob erstere beispielsweise als Konsekrationsmacht fungierten und inwiefern letztere dieses Machtgefüge aufzubrechen und alternative Definitionen von 'guter' Kunst zu etablieren vermochten.Das zweite Teilprojekt analysiert die symbolische Wertproduktion von Kunst im Schweizer Kunstsystem seit den 1980er Jahren bis in die Gegenwart. Hierbei wird die EKK bzw. das BAK als exemplarische, nationalstaatliche Förderinstanz untersucht. Besonderes Gewicht wird auf das Zusammenspiel zwischen den verschiedenen kulturpolitischen Akteuren gelegt. Die Beschickung der Biennale Venedig dokumentiert beispielhaft die 'offizielle' Schweizer Kunst, die der Bund unterstützt, im Ausland propagiert und insofern als 'gute' Kunst deklariert. Mit den 1980er Jahren beginnt eine Periode der Konvergenz von künstlerischem Selbstbewusstsein und Markterfolg. Auch im Auswahlverfahren der Biennale tritt eine Wende ein, relevant ist neu die Frage nach einem künstlerischen 'Jetzt'. Vor diesem Hintergrund ist zu untersuchen, welche Bedeutung die unterschiedlichen Förderinstanzen für den Kunstschaffenden - als Selbstvermarkter und global-player - haben und welche Relevanz hierbei beispielsweise den Verkaufsmessen (Art Basel etc.) zukommt.In theoretischer Hinsicht basieren beide Teile auf kultursoziologischen Ansätzen, insbesondere auf Bourdieus Ausführungen zum kulturellen Feld und den verschiedenen Kapitalsorten. Dieser Ansatz wird kritisch evaluiert mit Blick auf mikroökonomische Theorien des Wahlhandelns, vor allem jene Gary S. Beckers, die eine neue 'Kunstökonomie' begründet haben. Beide Teilprojekte ziehen die Archivbestände von staatlichen Institutionen wie der Pro Helvetia, der EKK und des BAK bei. Zusätzlich zu diesen Quellen werden Archive privater Stiftungen und Galerien berücksichtigt. Der Quellenkorpus von Teilprojekt 1 greift zudem auf Protokolle parlamentarischer Debatten zur Kunstförderung und auf publizierte Quellen (v.a. Fachkritik in Feuilleton und Fachorganen) zurück. Teilprojekt 2 wird mit Sitzungsprotokollen ergänzt. Weiter werden im Sinne einer Oral History Interviews mit (ehemaligen) EKK-Mitgliedern, staatlich/nicht-staatlich geförderten Kunstschaffenden und den dafür verantwortlichen Stellen geführt. Die Quellenarbeit wird insofern erleichtert, als dass das Archivmaterial von Pro Helvetia im Rahmen eines Forschungs- und Publikationsprojekts bereits aufgearbeitet wurde, wobei die qualitative Auswertung des Quellenmaterials mit quantitativen Methoden ergänzt wird. Weiter ist eine enge Zusammenarbeit mit dem auslaufenden SNF-Projekt "Les relations culturelles internationales de la Suisse, 1945-1990" (Nr. 113389), das an der Universität Fribourg unter der Leitung von Prof. Claude Hauser läuft, zustande gekommen. Die zwei Teilprojekte analysieren die Transformation der Kunstförderung über einen längeren Zeitraum hinweg. Das Projekt ermöglicht es, empirische Forschungsmethoden auf ein vielschichtiges Quellenmaterial anzuwenden und Theoriebeiträge zu relevanten, interdisziplinären Forschungsdiskussionen zu leisten. Politisch-gesellschaftlich kann es Einsichten vermitteln, die für die gegenwärtigen oft schwierig zu überblickenden Suchbewegungen im Bereich der Kunst- und Kulturförderung von Interesse sein können.
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