Grosse Artenradiationen sind Ikonen der Evolutionsbiologie, besonders dann wenn sie in geologisch junger Zeit entstanden sind. Ihr Studium kann uns über das Entstehen und Vergehen von Artenvielfalt lehren, und darüber warum einige Tier- und Pflanzengruppen viel artenreicher werden als andere. Seitdem die Vorfahren der Viktoriabuntbarsche vor nur 15'000 Jahren in den sich damals gerade füllenden Viktoriasee einwanderten, entstanden 500 neue Arten mit den verschiedensten Erscheinungsbildern, Verhaltensweisen und ökologischen Anpassungen. Das ist die schnellste Artbildungsrate, die je bei Tieren festgestellt wurde, und lies eines der artenreichsten Ökosysteme der Erde entstehen. Ziel unseres Projektes ist es, Veränderungen in den Genomen der Buntbarsche zu charakterisieren, die mit dieser Diversifizierung einhergingen. Wir sequenzieren die gesamten Genome von mehreren hundert Buntbarschen verschiedenster Arten. Wir sequenzieren aber auch die Arten, die wahrscheinlich die direkten Nachkommen der damaligen Einwanderer sind und heute noch unverändert in anderen Gewässern leben, sowie Buntbarsche anderer Evolutionslinien, die in sehr ähnlichen Lebensräumen leben ohne sich aber in neue Arten aufgespalten zu haben. Wir möchten herausfinden, welche Gene für die Artbildung, und welche für ökologische Anpassungen verantwortlich sind, und wie diese im Genom gekoppelt werden, eine Voraussetzung für die Entstehung und Koexistenz von Arten. Wir möchten auch wissen, was der Ursprung der grossen genetischen Vielfalt ist. Waren die Vorfahren vielleicht bereits ungewöhnlich genetisch variabel und wie kam das? Könnte das Fehlen entsprechender Variation das Ausbleiben von Artbildung bei anderen Gruppen erklären? Wir rekonstruieren auch die zeitliche Abfolge der Geschehnisse in der Radiation um die Interaktion ökologischer und evolutionärer Mechanismen zu verstehen. Letztlich wird unser Projekt zu einem besseren Verständnis eines global einmaligen Biodiversitätshotspots beitragen.
|